Heizungstausch: Wie vorgehen?
Drei typische Beispiele
Tausende Immobilienbesitzer stehen vor der Frage, wie sie in Zukunft ihre Häuser und Wohnung warm halten sollen: Heizung tauschen oder nicht? Lohnt sich die Sanierung im 70er-Jahre-Bau? Wie sinnvoll ist eine Wärmepumpe in meinem 100 Jahre alten Haus? Oder ist eine Gasheizung auch im Neubau noch eine Option? – Und das unabhängig davon, wann und in welcher Form das geplante Heizungsgesetz in Kraft tritt. Das Gros der Hauseigentümer muss jetzt schon Kosten und Nutzen eines Heizungstauschs abwägen. Erschwerend kommt hinzu, dass immer noch niemand ganz sicher ist, was genau eine Wärmepumpe eigentlich kostet?Warum sich die Investition in eine Wärmepumpe langfristig trotzdem lohnt, erklären wir anhand von drei realen Fällen mit Fachmeinungen unserer Experten.
Beispiel 1: Das Haus von 1902 – und der uralte Öltank im Keller
Eckdaten:
Baujahr: 1902; Fläche (beheizt): 2 Gebäude mit je ca. 240 m2; Heizung: Ölheizung von 2005; Energieverbrauch: ca. 600 Liter pro Jahr (ohne Warmwasser).
Der wohl schwierigste Fall steht im Ortskern einer kleinen Gemeinde: Ein 120 Jahre altes Gebäude mit Vorder- und Hinterhaus. Drei Wohnungen und ein Friseursalon finden darin momentan Platz. Im Keller steht eine Ölheizung aus dem Jahr 2005. Damit fällt sie noch nicht unter die Austauschpflicht, die im Gebäudeenergiegesetz für mehr als 30 Jahre alte Heizungen gilt. Zur Ölheizung gehört allerdings ein Öltank, der seit mehr als 30 Jahren im Keller steht. So lange Heizung und Tank noch funktionieren, dürfen die Besitzer beides behalten. Doch Handlungsbedarf gibt es in Zukunft trotzdem: Nach aktuellem Stand ist geplant, dass ab 2024 jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien laufen soll. Geht die Ölheizung kaputt, darf ab 2024 keine reine Ölheizung mehr als Ersatz eingebaut werden.
Das sagen Experten:
Das Gebäude ist schlecht isoliert. Dafür ist eine riesige Wärmepumpe mit hohen Pufferspeichern notwendig. Es ist schon physikalisch kaum möglich, die großen Geräte in den niedrigen Keller hineinzubringen. Damit eine Wärmepumpe in dem alten Haus richtig funktionieren kann, müsste man komplett energetisch sanieren: Neue Dächer, neue Fenster, neue Heizkörper, Dämmungen für die Wände. Nicht nur das: Die Ölheizung müsste aus dem Kellergewölbe herausgeholt werden. Das heißt: Der Öltank muss leergepumpt und zersägt werden, Öl und Tank müssen fachgerecht entsorgt werden. Allein das könnte 3.000 bis 4.000 Euro kosten. Insgesamt könnten die Kosten für die energetische Sanierung und den Heizungstausch bei um die 300.000 Euro liegen.
Unser Handwerker, Lorenz Egly, meint: „Letzten Endes ist es sinnvoll, auch bei diesem Gebäude eine Lösung für eine Wärmepumpe zu suchen, da es wenige Alternativen durch die fehlende Anbindung an das öffentliche Gasnetz in diesem Ortsteil gibt“. Eines Tages muss der Öltank aus dem Haus weichen. Momentan gibt es für solche Maßnahmen staatliche Fördergelder. Doch es ist immer noch nicht klar, wie die Förderung für Heizungen ab 2024 aussieht. Wer eine funktionierende Heizung hat, sollte daher noch eine Weile die Füße stillhalten.
Beispiel 2: Der günstige 70er-Jahre-Bau – und die teure Sanierung
Eckdaten:
Bauzeitraum: Ende der 1970er-Jahre; Fläche (beheizt): 203 m2; Heizung: Gasheizung von 2001; Energieverbrauch: unbekannt
Herr Zorn und seine Partnerin haben das Haus vor acht Jahren gekauft. Sie wollten mit einer modernen Wärmepumpe heizen und deswegen ein gut gedämmtes und vor allem effizientes Haus haben. Das Haus wurde teilentkernt, Wände und Dach wurden neu gedämmt, die Fenster dreifach verglast, der Estrich am Boden wurde komplett herausgerissen und ausgetauscht. Erdgeschoss und erster Stock erhielten Fußbodenheizung, das Untergeschoss großflächige neue Heizkörper. Im Keller stehen jetzt eine Wärmepumpe und zwei große Pufferspeicher mit je 500 Liter Volumen. Auf dem Dach soll künftig eine Anlage für Photovoltaik (PV) stehen. Sie beliefern die Wärmepumpe an sonnigen Tagen mit Grünstrom. So kamen zum Kaufpreis für das Haus noch einmal Sanierungskosten, die fast halb so teuer waren wie der Anschaffungspreis des Gebäudes – etwa ein Viertel davon verursacht durch den Tausch der alten Gasheizung gegen eine neue Wärmepumpe, die neuen Heizkörper und die Fußbodenheizung. Hätte das Paar günstigere Alternativen gehabt?
Das sagen Experten:
Wann sich eine energetische Sanierung wie sehr lohnt, hängt laut dem Energieexperten Reinhard Loch von der Verbraucherzentrale NRW stark vom Alter des Gebäudes ab. Häuser mit Baujahren zwischen 1900 und 1930 im städtischen Bereich sind oft sehr solide gebaut und in der Regel schon teilsaniert, so Loch. Die schwierigen Fälle seien hingegen Häuser aus den 50er- oder 60er-Jahren. Da wurde laut Loch günstig und schnell gebaut. „Ab den 70er-Jahren wird es besser mit der Bausubstanz. Um diese Zeit ist der Lebensstandard gestiegen, die Isolierverglasung wurde selbstverständlich, und es gab die erste Wärmeschutzverordnung“. Spätestens in Häusern aus den 90er-Jahren bekomme man in aller Regel aufgrund der Wärmedämmstandards eine Wärmepumpe gut unter.
Beispiel 3: Das moderne Einfamilienhaus – und der Ärger mit der Gasheizung
Eckdaten:
Bauzeitraum: 1990er-Jahre; Fläche (beheizt): 200 m2; Heizung: Gasheizung von 2004; Energieverbrauch: 28.000 Kilowattstunden
Damit hat die Familie Dohnau-Lauf nicht gerechnet: Seit ihrem Einzug ging die Gasheizung fast jedes Jahr kaputt. Pro Jahr hat die Familie zwischen 1.500 und 2.000 Euro Reparaturkosten hineingesteckt – zehn Jahre lang. Im vergangenen Winter funktionierte die Heizung zwei Wochen lang überhaupt nicht. Noch ein Jahr und der Heizungstausch würde sich für die Familie besonders lohnen. Denn: Wer eine mindestens 20 Jahre alte Gasheizung gegen eine umweltfreundliche Alternative tauscht, bekommt eine extra Förderung von zehn Prozent des Austauschpreises. Doch die Angst vor noch einem Winter ohne Dusche und Heizung ist zu abschreckend. Die Entscheidung ist also getroffen: Es muss noch in diesem Sommer eine neue Gasheizung her. Hat Familie Dohnau-Lauf die richtige Entscheidung getroffen?
Das sagen Experten:
Der Inhaber von SHK Betrieb Egly, Lorenz Egly meint: „Eigentlich hat das Haus der Dohnau-Laufs sehr gute Voraussetzungen für eine Wärmepumpe. Es ist gut saniert, hat eine Fußbodenheizung und einen ebenerdigen Zugang zum Heizungskeller. Zwar hat die Familie mit 28.000 Kilowattstunden pro Jahr einen hohen Energieverbrauch, das liegt allerdings laut Vanessa Dohnau-Lauf daran, dass ein nahegelegener Wald und See viel Feuchtigkeit in Haus brächten und die Familie ihre Heizung somit von Ende September bis in den Mai laufen lassen müsse. Nach Egly steht ein hoher Energieverbrauch in einem solchen Fall einer Wärmepumpe nicht im Wege. Der Extraverbrauch entsteht durch eine sehr lange Heizperiode und womöglich schlecht eingestellte Gasheizung. Der Preis war ausschlaggebend für die Entscheidung: Eine neue Wärmepumpe hätte 30.000 Euro gekostet. Eine neue Gasheizung kostet hingegen 12.000 Euro. Klar: Von den 30.000 Euro würde noch eine Förderung von 30 Prozent der Kosten abgehen. Doch bis die Förderung kommt, kann es Wochen bis Monate dauern. Bis dahin müsste die Familie einen Kredit aufnehmen. Eine finanzielle Belastung.
Der Energieexperte Reinhard Loch von der Verbraucherzentrale NRW glaubt: „Langfristig lohnt sich die Investition in eine Wärmepumpe“. Schon heute gibt es eine CO2-Abgabe, die fürs Heizen mit Gas anfällt. Steigt sie wie bislang geplant weiter, könnten für Hausbesitzer mit einem Gasverbrauch von 20.000 Kilowattstunden pro Jahr laut Verbraucherzentrale NRW im Jahr 2026 Mehrkosten von 280 Euro pro Jahr entstehen. Wie sich der CO2-Preis nach 2026 weiterentwickelt, ist noch unklar. Es lässt sich deshalb nicht exakt ausrechnen, wie hoch die Betriebskosten einer Gasheizung im Vergleich zu einer Wärmepumpe über die jeweilige Lebensdauer sein werden.